Wie vermarktet man eine Stadt?
Mit dieser anspruchsvollen und herausragenden Frage beschäftigt sich der Bildungs- und Kulturdezernent Karl Janssen in seiner Funktion als Geschäftsführer der Duisburg Marketing GmbH. Nicht nur beruflich liegt es in seinem Interesse, durch ein geeignetes Marketing an einer Imagesteigerung der Stadt Duisburg mitzuwirken, auch biografisch ist er mit dem Ruhrgebiet verwurzelt. Andrea Wendt sprach mit Karl Janssen über Marketingstrategien, Sponsoringpartnerschaften und das kulturelle Potential Duisburgs.
Wendt: Als Geschäftsführer der Duisburg Marketing GmbH stellen Sie die Stadt Duisburg als „Hafen der Kulturhauptstadt 2010“ heraus. Worin liegt das kulturelle Potential der Stadt Duisburg und wie kann sie dieses nachhaltig nutzen?
Janssen: Ja, für viele kaum zu glauben, Duisburg ist im Jahre 2010 Kulturhauptstadt. Manche denken, Essen hätte alleine gewonnen. Es ist aber so, dass 53 Städte im Ruhrgebiet die Kulturhauptstadt 2010, die Metropole Ruhr, präsentieren. Unsere Region ist deswegen ausgewählt worden, weil das Ruhrgebiet mit seinen fast 6 Millionen Einwohnern eine kulturelle Strahlkraft wie London oder Paris hat. Es wird darum gehen, nicht die Kirchtürme der einzelnen Städte größer zu machen, sondern die Kooperationskraft zu zeigen. In diesem Städteteam ist Duisburg der Hafen der Kulturhauptstadt 2010. Wir zeichnen uns aus durch eine 50 Jahre alte Opern-Ehe mit der Stadt Düsseldorf mit zwei Philharmonien. In Duisburg sind drei große Kunstmuseen, das Museum Küppersmühle, das Museum Wilhelm Lehmbruck und die DKM Stiftung. In Duisburg ist das Museum der Deutschen Binnenschifffahrt und in unserem Stadthistorischen Museum ist der bedeutendste Vater unserer Stadt, Gerhard Mercator, großer Kartograph oder neudeutsch der große Logistiker, zu sehen. Wir werden aber weiter auch herausstellen und mit stolz herausstellen, dass in Duisburg 500 freischaffende Künstler und Musiker leben. Die Tatsache, dass von den 500.000 Einwohnern, 100.000 Einwohner einen Migrationshintergrund, im Schwerpunkt türkischen Hintergrund, haben, ist keine Schwäche von Duisburg, sondern eine unserer Stärken, unserer Internationalität und unser kulturelles Potential.
Wendt: Das renommierte Lehmbruck Museum, die Duisburger Philharmoniker und das Museum Küppersmühle sind als Kulturmarken wichtige kulturelle Botschafter der Stadt. Mit welcher Markenbotschaft will sich die Stadt Duisburg positionieren?
Janssen: Duisburg ist eine Stadt im Aufbruch. Wenn Sie heute nach Duisburg kommen, sehen Sie Baukräne, neugeschaffene Gebäude und auch neugeschaffene Kultureinrichtungen. Dies erstaunt, insbesondere in Zeiten knapper Kassen. Aber ich habe in Duisburg erfahren, dass gerade in diesen Zeiten Kreativität und Tatenkraft groß geschrieben werden. In Duisburg müssen wir noch an unserer Außenwirkung, an unserem Image, an unserer Marke arbeiten. Sie finden auf unserer Homepage den Slogan „Duisburg am Rhein“. Das greift wesentlich zu kurz. In Duisburg streiten wir viel darüber, ob wir Rheinland, Niederrhein oder Ruhrgebiet sind. Diese Frage ist einfach zu beantworten. Wir sind geografisch betrachtet, von den Herzen der Bürgerschaft her, alles drei. Für die Zukunft wird es entscheidend sein, ob sich unsere Stadt auf ihre eigene Geschichte, auf ihre eigene Identität besinnt. Und eine Identität ist der Hafen, der größte Binnenhafen der Welt und mit dem Weltkonzern Thyssen Krupp der größte Stahlerzeuger der Welt. Wir sind die Stadt am Wasser, wir sind die Stadt der Stahlkraft, wir sind die Logistikerstadt und deswegen sind wir auch der Hafen der Kulturhauptstadt.
Wendt: Im Januar 2009 begannen die Arbeiten am Erweiterungsbau des Museums Küppersmühle im Duisburger Innenhafen, das Sie mit viel Engagement vorangetrieben haben. In diesem markanten ehemaligen Stahlsilo wird eine der umfangreichsten Sammlungen der dt. Malerei von der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart zu sehen sein. Soll die Küppersmühle als architektonisches Wahrzeichen das zukünftige Aushängeschild der Stadt Duisburg als Kulturstadt darstellen?
Janssen: Das ist nicht ganz richtig. Die Arbeiten haben nicht im Januar begonnen. Aber ich kann heute frohen Mutes sagen, die Baustelle für den Erweiterungsbau der Küppersmühle wird im April eingerichtet und mit einem Spatenstich beginnen. Wie ist es dazu gekommen? Das Kunstmuseum Küppersmühle befindet sich seit 10 Jahren in einem alten Industriespeicher am wunderschönen Innenhafen Duisburgs. Das Museum wird von privater Hand betrieben, von der Stiftung Kunst und Kultur e. V. in Bonn. Das umgebaute Speicherhaus wird durch die städtische Tochter und Wohnungsgesellschaft Gebag zur Verfügung gestellt. In diesem Haus ist die bedeutende Sammlung des Sammlerehepaars Ströher zu sehen. Diese Sammlung wurde vor drei Jahren mit der Kunstsammlung Hans Grothe fusioniert. Diese zusammengeführte Sammlung ist heute die größte Sammlung zeitgenössischer deutscher Malerei der Nachkriegsgeschichte in der Welt. Das Sammlerehepaar hat sich bereit erklärt, die Sammlung für 30 Jahre in Duisburg zu platzieren, wenn es gelingt, die Ausstellungsfläche um weitere 3000qm zu erweitern. Dies geschieht mit Blick auf das Jahr 2010 durch einen bedeutenden Anbau, einem Schwebebalken auf dem Dach des Speichers, durch das uns bekannte Architekturbüro Herzog & de Meuron aus Basel. Dem großartigen Engagement des Landes NRW (10 Mio. Euro), privaten Stiftern aber insbesondere durch das Weltunternehmen Evonik (20 Mio. Euro) wird das umgebaute Museum eine kulturelle Strahlkraft von Duisburg aus bekommen und ich bin sicher, dass Duisburg im Jahr 2010 hier einen Bilbao-Effekt erzielen wird.
Wendt: Das Museum Küppersmühle befindet sich unmittelbar am Wasser im industriellen Hafen Duisburgs. Ist es geplant, im Duisburger Hafen ein neues kulturelles Zentrum entstehen zu lassen?
Janssen: Ja das ist eine sehr berechtigte Frage. Am Innenhafen in Duisburg gibt es bereits schon eine deutliche kulturelle Infrastruktur. Neben dem Museum Küppersmühle befindet sich am Innenhafen das Kultur- und Stadthistorische Museum mit der Gerhard Mercator Sammlung, mit der Sammlung Köhler Osbahr, der Duisburger Stadtgeschichte und dem Museum Königsberg. Darüber hinaus findet der Besucher am Innenhafen Duisburg die bedeutende jüdische Synagoge und die Parkanlage „Garten der Erinnerungen“. Neben verschiedenen Kunstobjekten sind am Innenhafen in Duisburg die bekannte Tanzschule Avi Kaiser und das Komponistenpaar Gerhard Stäbler und Kunsu Shim ansässig. Trotzdem reicht das nicht aus. Es wird in den nächsten Jahren unser Ziel sein, die Infrastruktur durch die Duisburger Künstlerschaft, durch Galerien und Kunstgewerbe zu erweitern. Diese Verknüpfung mit der vorhandenen Gastronomie wird ein weiterer Anziehungspunkt an Rhein und Ruhr sein.
Wendt: Eine von Ihnen erfolgreich vertretene These lautet: „Nur die Kombination von Wirtschaft und Kultur führt zum Erfolg.“ Für den Erweiterungsbau des Museums Küppersmühle haben Sie viele Zuwendungsgeber, sowohl öffentliche als auch private, akquirieren können. Ein wichtiger Partner ist dabei der Energiekonzern Evonik, der als Sponsor im Logo des Museums integriert wurde. Was können Sponsoren aus Wirtschaft und Industrie von einer Zusammenarbeit erwarten und welche Erfahrungen haben Sie mit industriellen Geldgebern gemacht?
Janssen: Der Blick in die Vereinigten Staaten von Amerika hilft. Dort ist Kultur schon lange mit in der verbindlichen Verantwortung der Wirtschaft. Kultur und Wirtschaft sind zwei Seiten einer Medaille. Ich habe manchmal den Eindruck, dass in Deutschland Kultur ausschließlich in der Verantwortung von Stadtparlamenten und Stadtverwaltungen gesehen wird. Mein Verständnis ist hier ein anderes. Die Stadtparlamente müssen für die städtische Struktur sorgen. Die Verantwortung und damit auch die Verantwortung für die Kultur trägt die Gesellschaft und dabei ist die Wirtschaft ein unabdingbarer Partner. Diese Zusammenarbeit gelingt nur, wenn man sich als zuverlässigen, verbindlichen Partner präsentiert, zu Netzwerkbildungen beiträgt und Präsenz zeigt. Dies ist in Duisburg gelungen. Wir sind stolz darauf, dass Evonik als Sponsor für das Museum Küppersmühle auftritt. Nach wie vor gibt es aber immer rückwärtsgewandte Menschen, die glauben, Sponsoring und Kultur passt nicht zusammen. Das Logo von Evonik an der Außenhaut des Museums werden wir mit Stolz tragen, denn dieses Logo ist ein Symbol für wirtschaftliche Gesundung, für Arbeitsplätze und für Aufbruch. Warum soll das nicht mit Kultur verknüpft und verbunden werden.
Wendt: Duisburg ist mit dem größten Binnenhafen der Welt nach wie vor ein bedeutender Industriestandort mit einer enormen Erfolgsgeschichte. Wonach richten Sie ihre Marketingstrategien aus, wenn es gilt, die Kultur und die Industrie gleichermaßen als Merkmale der Stadt Duisburg herauszustellen?
Janssen: Ich halte sehr viel davon, unmittelbare Verknüpfungspunkte zu schaffen. Ich will es an einem Beispiel deutlich machen. Vor unserem Opernhaus in der Innenstadt steht zurzeit ein Stahlkunstwerk des Bildhauers Bernar Venet . Ein großes, rostiges Stahlgerippe, über das heftig in der Stadt diskutiert wird. Stahl ist die industrielle Kraft unserer Stadt Duisburg. Gerade solche Kunstwerke verbinden die stahlproduzierende Industrie an diesem Beispiel mit der Kultur. Eine meiner Marketingstrategien ist es, zwischen Kulturprojekten und Sponsoren emotionale Bezüge herzustellen. Ich bin der festen Überzeugung, wenn dies gelingt, wird auch Sponsoring vermehrt, auch in den Zeiten der Krise, möglich sein.
Wendt: Ein professionelles Marketing übt auch eine Anziehungskraft auf potentielle Sponsoren aus. Welche Voraussetzungen sollten Sponsoren für die Stadt Duisburg mitbringen, die im nächsten Jahr im Rahmen Ruhr 2010 auch Kulturhauptstadt sein
wird?
Janssen: Nur eine starke Stadt sorgt für eine expandierende Wirtschaft. Eine starke Stadt ist für mich eine Stadt, die natürlich Arbeitsplätze schafft, die aber auch lebenswerte Infrastruktur und gutes, kulturelles, gesellschaftliches Leben ermöglicht. In einer solchen Stadt leben Menschen gerne und arbeiten Menschen gerne. Innovative Wirtschaftsunternehmen werden nur Erfolg haben, wenn sie sich diese Eigenschaften und Bedingungen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wünschen. Wenn die Menschen sich in ihrer Stadt wohlfühlen, es ihnen gut geht, werden sie gleichermaßen motivierte und engagierte Mitarbeiter sein. Ohne dieses Engagement werden die Wirtschaftsunternehmen in der Zukunft nicht leben können. Ich wünsche mir Sponsoren, die so denken. Firmen mit einem solchen Innovationspotential haben Spaß an der Entwicklung kultureller Projekte, haben Freude an der Entwicklung einer Stadt und verknüpfen somit automatisch ihre Produktion der kulturellen Entwicklung, die durch Sponsoring ermöglicht wird.
Wendt: Wie bereiten Sie sich auf das Kulturhauptstadt-Jahr 2010 vor und welche Highlights sind für die Stadt Duisburg geplant?
Janssen: Flapsig gesagt, seit zwei Jahren täglich! Duisburg präsentiert sich im Verbund mit den anderen Städten der Metropole Ruhr mit zahlreichen Projekten. Im Vordergrund dieser Projekte steht die Nachhaltigkeit. Der Anbau des Museums Küppersmühle, die Schaffung des Landesstaatsarchivs mit einer bedeutenden Architektur, das Entstehen einer Kunstlandmarke in den Rheinwiesen aber auch Kunstprojekte die bis 2014 durch Ausstellungen geführt werden, sind Beispiele dieser Nachhaltigkeit. Bedeutsam ist die sogenannte Local Hero Woche im Mai 2010. In dieser Woche präsentieren wir Duisburg im Stadtteil Ruhrort, mitten im Herzen des Hafens, als Hafen der Kulturhauptstadt. Wir werden die Geschichte des Hafens zeigen, wir werden den Stadtteil, neugeschaffene Lokale und Aktionen lebendig gestalten. Die Zuschauer, die nach Duisburg kommen, werden insbesondere große Kunst und Kulturproduktionen auf dem Wasser, auf dem Rhein und auf der Ruhr erleben. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten. Selbstverständlich ist aber auch, dass wir, wie ich eingangs gesagt habe, der Welt auch zeigen, welche kulturelle Kraft es bereits in unserer Stadt gibt. Beispiele hierfür habe ich aufgezählt und in diesem Rahmen werden wir aber auch Sonderveranstaltungen der Philharmonie, der Oper und der Museen präsentieren. Ich möchte aber auch noch einmal deutlich betonen, dass es im Kulturhauptstadtjahr 2010 nicht nur darum gehen wird ein einmaliges Feuerwerk abzubrennen, sondern wie gesagt, Nachhaltigkeit zu sichern aber auch das Vorhandene zu vermarkten und da hat Duisburg noch sehr viel zu zeigen. Abschießend hierzu vielleicht ein kleines Geheimnis. Mitten in unserer Fußgängerzone befindet sich eine U-Bahn-Station am König-Heinrich-Platz. Diese U-Bahn-Station wurde gänzlich ausgemalt von dem bekannten deutschen Maler Gerhard Richter. Wir werden dieses versteckte, bereits vorhandene Museum im Jahr 2010 eröffnen.
Herzlichen Dank für das Interview, Herr Janssen.
Janssen: Ich bedanke mich ebenfalls für das Interview Frau Wendt. Ich freue mich über das Kulturmarken-Interview und verstehe dies als einen weiteren Baustein für unsere Marketingstrategie, Duisburg – Hafen der Kulturhauptstadt 2010. Ich lade Sie und alle ein, die Strahlkraft Duisburgs 2010 zu erfahren. Kommen Sie nach Duisburg!