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Hans Wall
Interview

Denk mal an Berlin e.V. - Interview mit Hans Wall

Ästhetische Stadtgestaltung

Eva Neumann von Causales hat Hans Wall in Berlin getroffen.

1976 haben Sie als erster Stadtmöblierer und Außenwerber mit eigenem Produktionswerk in Deutschland die Wall Verkehrsanlagen GmbH in Ettlingen gegründet. Vorher haben Sie Maschinenbautechnik studiert und waren drei Jahre selbständig tätig. Wie kamen Sie auf diese einmalige Geschäftsidee für das Unternehmen Wall AG?

Oftmals beginnen geschäftliche Erfolgsgeschichten damit, dass ein künftiger Unternehmer sich mit einem Produkt, einer Dienstleistung oder einer Idee beschäftigt und fragt: „Wie kann ich es besser machen?“ Die gleiche Frage stellte ich mir, als ich in den 70er Jahren an einer Wartehalle mit Dauerwerbung stand. Aus meinen Überlegungen entstand die Idee, Städten qualitativ hochwertige, ästhetische Stadtmöbel sowie deren Reinigung und Wartung kostenlos anzubieten und das Konzept mit der Vermarktung von hinterleuchteten Plakatwerbeflächen zu refinanzieren. Mit einem individuell auf Berlin zugeschnittenen Entwurf für Wartehallen gewannen wir 1984 eine Ausschreibung des Berliner Senats und verlegten den Unternehmenssitz in die heutige Hauptstadt. Von hier aus startete die Erfolgsgeschichte der Wall AG: Heute sind wir in über 50 Metropolen und Großstädten in sieben Ländern vertreten und die Nummer zwei im deutschen Außenwerbemarkt.


2000 haben Sie das Bundesverdienstkreuz für Ihr ehrenamtliches Engagement in Berlin erhalten. 2004 zeichnete Sie die Jüdische Gemeinde von Berlin mit dem "Heinrich-Stahl-Preis" für Ihr Engagement gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und für Toleranz aus. Ein besonderes Anliegen der Wall AG ist die Unterstützung des gemeinnützigen Vereins Denk mal an Berlin e.V., der unter Ihrem Vorsitz arbeitet.
Abgesehen vom bundesweiten Tag des offenen Denkmals haben es Denkmäler jedoch schwer, Aufmerksamkeit in der Bevölkerung zu erregen. Woher rührt Ihr Interesse gerade für Denkmäler und welches Ziel verfolgt der Verein?

Meines Erachtens muss Denkmalpflege keineswegs an einem Aufmerksamkeitsdefizit leiden. Ganz im Gegenteil - bietet der Bereich doch vielfältige Möglichkeiten, öffentliches Interesse hervorzurufen und auch zu beantworten. Auch Vereine können wie ein kleines Unternehmen arbeiten und sich moderner Marketinginstrumente bedienen.

Mit den Arbeitsschwerpunkten Denkmalsanierung und Bewusstseinsbildung setzen wir uns als einzige gemeinnützige Initiative in der Hauptstadt für die Berliner Denkmallandschaft in ihrer Gesamtheit ein.
Was heißt das genau? Wir wollen durch ein vielfältiges Veranstaltungsangebot möglichst viele Menschen für Denkmale und Denkmalpflege begeistern und bieten unseren Mitgliedern eine aktive Beteiligung an. Mit Hilfe der Arbeitsgruppe „Das Besondere Denkmal“ kann jeder selbst etwas bewirken und sich für Denkmäler einsetzen, die vom Abriss bedroht sind.

Wir erreichen die Berliner Bevölkerung direkt durch qualitätsvolle Führungen und Vorträge von ausgewiesenen Fachleuten. So können wir spannende Einblicke in eine Vielzahl interessanter Projekte dieser lebendigen Stadt bieten. Denn: Geschichte ist spannend – erst recht wenn sie am Objekt selbst erfahrbar und verständlich gemacht wird.


Bürgerschaftliches Engagement und zivilgesellschaftliche Beteiligung spielen eine immer wichtigere Rolle in Deutschland. Auch in Berlin besteht eine Vielzahl von Netzwerken und Initiativen, die sich dem ehrenamtlichen Dienst für die Gesellschaft verschrieben haben. Im Kuratorium von Denk mal an Berlin e.V. befinden sich zahlreiche prominente Berliner Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Architektur, Kultur und Medien.
In Anbetracht der hohen Anzahl an gemeinnützigen Berliner Vereinen fällt es Denk mal an Berlin e.V. durch dieses hochkarätige Kuratorium sicherlich leichter, weitere Denkmalfreunde aus der Wirtschaft zu generieren und Vereinsmitglieder zu finden, oder?

Natürlich freuen wir uns über diese prominente Unterstützung, die eine große Auszeichnung ist. Dieses Netzwerk aus einflussreichen Vertretern der Politik, Kultur und Wirtschaft hat einen unschätzbaren Wert für die Arbeit und Weiterentwicklung des Vereins. Die Zusammenführung von Synergien bringt uns eine starke Lobby für die Berliner Denkmalpflege.

Dennoch ist für unsere Arbeit nicht nur die Einbindung von Prominenz von Bedeutung. Engagement für den Erhalt unserer gebauten Umwelt geht uns alle an. Denk mal an Berlin e.V. ist ein Verein der sich an alle Berlinerinnen und Berliner wendet.

Die netzwerkartige Bündelung des bürgerschaftlichen Engagements ist notwendig, wenn das Kulturerbe auch in Zukunft gesichert werden soll. Nur in einem solchen funktionierenden Netzwerk können die Belange der Denkmalpflege unterstützt werden. Hierfür bieten wir anderen gemeinnützigen Vereinen eine kostenlose gegenseitige Mitgliedschaft an. Von dem Informations- und Gedankenaustausch können beide Partner profitieren.


Wie kann man sich als Vereinsmitglied über die üblichen Mitgliedsbeiträge hinaus noch für den Verein engagieren?

Ehrenamtliche Unterstützung ist immer willkommen. Viele Projekte und Veranstaltungen sind ohne das ehrenamtliche Engagement der Mitglieder nicht denkbar.
Konkret besteht die Möglichkeit, sich in unserer Arbeitsgruppe „Das Besondere Denkmal“ aktiv einzubringen und Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Hier bezieht der Verein in aktuellen Denkmalschutz-Debatten Position. Zum Beispiel haben wir uns im Januar 2008 für die vom Abriss bedrohte Martin-Luther-Gedächtniskirche in Berlin-Mariendorf erfolgreich eingesetzt. Aktuell verfolgen wir den Erhalt der Deutschlandhalle.
Grundsätzlich sind wir aber für die Ideen und Anregungen unserer Mitglieder offen.


Was tun Sie, um auch jüngere Menschen für Denkmäler zu begeistern?

Seit 2004 konnte der Verein mit Hilfe von Jugendprojekten rund 500 Kinder und Jugendliche für die Denkmalpflege begeistern. Die junge Generation muss für die Belange der Denkmalpflege interessiert werden: Wer kümmert sich sonst um das Kulturerbe von Morgen?
Stadtbildpflege und ein wertschätzender Umgang mit unserer gebauten Umwelt sollten als eine Selbstverständlichkeit betrachtet werden. Dafür machen wir uns stark.

Außerdem bieten wir als Einsatzstelle der Jugendbauhütte Brandenburg/ Berlin einem Jugendlichen einen Arbeitsplatz. Ein Jahr lang finanzieren wir ihm die Möglichkeit, die verschiedenen Seiten der Vereinsarbeit und der bürgerschaftlichen Denkmalarbeit unmittelbar zu erleben, nachzuvollziehen und mitzugestalten.

Last but not least: Auch unser Veranstaltungsprogramm sieht spezielle Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche vor, wie zum Beispiel eine Führung von Jugendlichen für Jugendliche durch das Fort Hahneberg oder eine Denkmalrallye über die Museumsinsel.


In der Hauptstadt gibt es von Wohnblocks angefangen, über Villen, Fabriken, Parkanlagen, Schulen, Schlösser, Brunnen bis hin zu Standbildern mehr als 8.000 Denkmäler. Da fällt es Ihrem Verein sicher nicht immer leicht, sich für ein Denkmal zu entscheiden, dessen Sanierung unterstützt wird. Nach welchen Kriterien gehen Sie vor, um dem Vereinsziel gerecht zu werden?

Wir arbeiten eng mit den Berliner Fachbehörden, vorrangig dem Landesdenkmalamt Berlin zusammen, die uns bei der Auswahl von Projekten beraten.
Aber manchmal kommen die Projekte auch zu uns. Unser aktuelles Förderprojekt, die Rekonstruktion des Turms der Parochialkirche, wurde uns von Seiten der St. Petri-St. Mariengemeinde angeboten. Die Akquisition von Spenden steht dabei an erster Stelle unser Aktivitäten. Zusammen mit der Kirchengemeinde begleiten wir die Öffentlichkeitsarbeit bis zum Abschluss der vierjährigen Bauphase im Jahr 2012.


Die Wall AG unterstützt den Verein bei dem Projekt in seiner Öffentlichkeitsarbeit u. a. mit kostenfreien Plakatflächen. Wie erfolgreich ist die Kampagne bislang gelaufen? Macht es auch für andere Initiativen Sinn, Spendenwerbung mittels Plakatbotschaften zu betreiben?

Der Erfolg der Kampagne hat sich in den zahlreichen Spenden widergespiegelt.
Aber nicht nur das: Letztlich wurde auf diese Weise das Projekt in der Öffentlichkeit bekannt gemacht und beworben. Während und nach der Plakatkampagne sind uns vielfältige Unterstützungen angeboten worden. Beispielsweise der kostenfreie Druck von Kunstpostkarten oder Benefizkonzerte.


Können sich Denkmalbesitzer auch mit Anfragen direkt an den Verein wenden, wenn sie Fragen haben oder Unterstützung brauchen und wenn ja, was kann der Verein für sie tun?

Ja unbedingt. Wir bieten einen besonderen Service für Denkmalbesitzer. Nach Absprache steht ein ehemaliger Mitarbeiter des Landesdenkmalamtes sowohl telefonisch als auch persönlich für Beratung zu den vielfältigen Fragen rund um das Denkmal zur Verfügung.
Fragen können sich auf Genehmigungsverfahren, Fördermöglichkeiten, steuerliche Absetzbarkeit ebenso beziehen, wie auf die Restaurierung oder Nutzung von Denkmalen. Die Beratungsleistung bieten wir kostenlos an. Bei komplexeren Fragestellungen vermitteln wir gern an weitere Experten.


Sie haben als Aufsichtsratsvorsitzender der Wall AG einerseits eine sehr verantwortungsvolle Position in Ihrem Unternehmen inne und andererseits sind Sie Vorstandsvorsitzender des gemeinnützigen Vereins Denk mal an Berlin e.V. Wie unterscheiden sich Ihre Managementtätigkeiten voneinander und wie befruchten sie sich gegenseitig?

Nach jahrzehntelanger Lenkung des Konzerns habe ich den Vorstandsvorsitz 2007 an meinen Sohn Daniel übergeben. Als Vorsitzender des Aufsichtsrates muss ich die Arbeit des Vorstandes überprüfen und kontrollieren. Selbstverständlich nehme ich auch repräsentative Aufgaben für das Unternehmen wahr. Über strategische Entscheidungen beraten wir uns, also mein Sohn und ich, auch außerhalb des operativen Geschäfts. Das liegt uns sozusagen im Familienblut, das Wohl der Wall AG ist für mich immer Thema. Als Vorstandsvorsitzender von Denk mal an Berlin e.V. nehme ich dagegen aktiv Teil an der operativen und strategischen Leitung des Vereins. Die Erfahrung als Unternehmer und Gründer der Wall AG bringt natürlich entscheidende Vorteile mit sich. Außerdem macht es mir als Stadtmöblierer großen Spaß, mich im Bereich Denkmalschutz zu engagieren. Die enge Verbindung des Vereins zur Wall AG erzeugt selbstverständlich attraktive Synergien für beide Seiten.


Der Verein Denk mal an Berlin e.V. hat seinen Sitz in Ihrer Berliner Wall-Zentrale. Welche Synergien sind mittlerweile zwischen der Wall AG und Denk mal an Berlin e.V. entstanden?

Als Stadtmöblierer achten wir die städtebaulichen Zeugnisse der Vergangenheit. Wir setzen uns nachdrücklich für den Erhalt und die Pflege historisch bedeutsamer Bauten in Berlin ein und leisten dazu einen unverwechselbaren Beitrag. Der Verein ist Bestandteil unserer Imagepflege und Bekenntnis zum Standort Berlin.
Denk mal an Berlin e.V. wirkt auch nach innen: Viele Mitarbeiter der Wall AG sind Mitglieder des Vereins. Zu jeder Vereinsveranstaltung laden wir natürlich auch unsere Mitarbeiter ein. Mitarbeiter, die sich mit dem Unternehmen identifizieren, sind das beste Sprachrohr nach außen und damit die beste Werbung für ein Unternehmen und sein gesellschaftliches Engagement.

Die historische Substanz unserer Stadt durch Denkmalpflege zu wahren und erlebbar werden zu lassen transportiert einen nachhaltigen öffentlichen Nutzen für Berlin. Ist das ein (in)direktes Standortbekenntnis der Wall AG?

Die Wall AG ist seit über 20 Jahren in Berlin fest verwurzelt. So ist Denk mal an Berlin ein direktes Bekenntnis zum Standort.

Die Wall AG ist bekanntermaßen nicht nur in Deutschland, sondern auch in Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Türkei, Ägypten und in den USA tätig. Wird sich die Wall AG in Form eines Vereins in den anderen Märkten eines Tages in ähnlicher Form engagieren?

Denk mal an Berlin ist ein auf die Hauptstadt zugeschnittenes Beispiel – und als solches einmalig. Das Modell dieses besonderen gesellschaftlichen Engagements ist aber übertragbar und auch für das Ausland denkbar.


Über Ihr Kernengagement im Verein hinaus unterstützen Sie mit der Wall AG viele weitere Projekte. Welche Projekte gehören dazu und welche Unternehmensphilosophie möchten Sie damit transportieren?

Als Stadtmöblierungs- und Außenwerbeunternehmen hat sich die Wall AG Sponsoring-Schwerpunkte gesetzt, die mit dem Kerngeschäft des Unternehmens in Verbindung stehen. Der Unternehmensphilosophie „Für Städte. Für Menschen“ entsprechend unterstützt Wall zahlreiche Projekte aus den Bereichen Denkmalschutz und Stadtgestaltung, wie zum Beispiel den Betrieb von rund 80 Berliner Brunnen oder die Weihnachtsbeleuchtung auf Kurfürstendamm und Tauentzienstraße. Wir finanzieren die Restaurierung und Pflege des Grabes von Ernst Litfaß, dem Vater der Außenwerbung, und unterstützen die Spendenkampagne zur Sanierung des Turms der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche – um nur einige Beispiele für unser Engagement im öffentlichen Raum zu nennen.

Auf der anderen Seite nehmen wir aber auch eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung wahr. Wir unterstützen Kunst- und Kulturprojekte und investieren in die Bildung. Seit dem Schuljahr 2005/2006 sind wir Partnerunternehmen einer Kreuzberger Grundschule, an der wir begabte Kinder aus sozial schwachen Familien fördern.

Lieber Herr Wall, vielen Dank für das Interview.