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Porträt Silvie Rundel
Fachbeitrag

Presse und Öffentlichkeitsarbeit in der Kultur - Fachbeitrag von Silvie Rundel, Leiterin Presse und Öffentlichkeitsarbeit Die ZEIT

Was macht einen Opernabend aus, der in unvergesslicher Erinnerung bleibt? Ein außergewöhnlicher Tenor? Eine raffinierte Inszenierung? Perfekt harmonierende Musiker? Das alles. Aber viel mehr: Die passenden Requisiten, die beste Tontechnik, vielleicht auch ein neuer, besonders charismatischer Dirigent.

Gute Public Relations gleicht einer perfekten Operninszenierung. Wirkungsvolle Öffentlichkeitsarbeit setzt „Handwerkszeug“ voraus, aber nicht nur. Studiengänge, die PR-Fachleute ausbilden, sind in den letzten Jahren immer beliebter geworden. PR-Manager ist heute ein Modeberuf, wie früher Tierarzt oder Anwalt. Doch: Mit dem „Werkzeugkasten der Öffentlichkeitsarbeit“ virtuell umzugehen, erfordert nicht nur erlerntes Wissen, sondern vor allem Erfahrung sowie langfristig aufgebaute und gepflegte Kontakte, häufig auch die richtige Nase für Veränderungen und ein gutes Bauchgefühl für Menschen und Situationen.

Öffentlichkeitsarbeit für Kulturinstitutionen und kulturelle Angebote ist mit Sicherheit eine besonders anspruchsvolle Aufgabe. Aber sie ist mit Sicherheit spannender und vielfältiger, als PR für Himbeerjoghurt, Babykleidung oder Cabrios zu machen.

Kulturschaffende bewegen sich heute, insbesondere in den Großstädten, in einem heillos überfüllten Markt. Sie stehen im Wettbewerb mit vielfältigen kulturellen Angeboten und zahllosen anderen Freizeitaktivitäten. Die Frage, inwieweit sich Kultur den Gesetzen des Marktes unterwerfen muss, stellt sich deshalb nicht mehr. Längst hat die Kultur erkannt, dass professionelle Kommunikation unerlässlich ist, um sich von anderen Angeboten abzuheben.

Das gilt für Opernhäuser genauso wie für Theaterfestivals oder Poetry Slams. Neben den klassischen Marketingmaßnahmen gewinnt professionelle Öffentlichkeitsarbeit an Bedeutung. Wer darunter lediglich die Versendung von Pressemitteilungen oder Organisation von Pressekonferenzen versteht, liegt falsch. Statt Einzelmaßnahmen sind Konzepte gefragt, und ein gutes PR-Konzept umfasst mehr als nur Aktionen. Die Ausgangslage muss klar sein, die Herausforderung formuliert, Ziele beschrieben und Botschaften abgeleitet werden.

Am Anfang aller Überlegungen steht die Frage nach dem Leitbild, dem roten Faden: Wer sind wir und was wollen wir? Welche Ideen, welche Haltung wollen wir vertreten? Wen wollen wir erreichen? Leitbilddiskussionen sind der Ausgangspunkt für jede zielgerichtete Tätigkeit und damit auch Vorraussetzung für die richtige Vermittlung an die Öffentlichkeit.

Wenn wir über die Öffentlichkeit einer Kulturinstitution sprechen, so stellt sich zunächst die Frage, wer die Zielgruppe, die wir mit unserer Öffentlichkeitsarbeit ansprechen wollen, überhaupt ist. Und schnell wird klar, dass wir es mit keiner homogenen Größe zu tun haben, sondern mit vielen kleineren oder größeren Öffentlichkeiten, die unterschiedlich großen Einfluss haben.

Bei einem Theater gehören dazu die aktiven Besucher, jedoch auch die Mitarbeiter, deren Angehörige und Freunde, die Multiplikatoren sein können. Eine entscheidende Bedeutung hat die Presse, aber auch die gesamten Bewohner der Stadt oder des Einzuggebietes, die es als potenzielle Besucher zu erobern gilt.

Die unterschiedlichen Tätigkeitsfelder der Public Relations haben je nach Projekt unterschiedliche Gewichtung, manchmal ergänzen oder überschneiden sie sich auch. Die folgenden vier Bereiche lassen sich sicherlich durch weitere ergänzen.

1. Pressearbeit

Kontakte zu Journalisten müssen langfristig aufgebaut werden, Vertrauen zwischen PR-Leuten und Journalisten kostet Zeit und beruht auf Geben und Nehmen. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht … dieses Sprichwort trifft einen wichtigen Punkt: Falschinformationen können die Glaubwürdigkeit nachhaltig beschädigen. Wer seinen Kontakten hingegen gute, vielleicht exklusive Geschichten anbietet, baut an einem stabilen Haus. Dabei müssen PR-Leute im Auge haben, dass Fernsehen, Radio und Tageszeitungen oder Internetdienste unterschiedliche Ansprüche und Interessen haben. Grundsätzlich gilt: Gute Pressearbeit lebt davon, sich gedanklich auf die Seite der Journalisten zu begeben und möglichst maßgeschneiderte Informationspakete anzubieten. Unwirksam ist der Versand von Pressemitteilungen an riesige Verteiler, die im schlimmsten Fall aus einer öffentlichen Datenbank zusammengestellt und nie nachrecherchiert wurden.

2. Aktionen und Veranstaltungen

Spezielle Events sind meist aufwändiger als Pressekonferenzen, doch sie können sehr wirkungsvoll sein und neben der Presse verschiedene Öffentlichkeiten ansprechen. Ein Tag der offenen Tür kann Neugierige anlocken. Öffentliche Proben verstärken die Bindung von Zuschauern an ein Ensemble, die Einführung des Dramaturgen in ein Theaterstück bringt dem Publikum die Inszenierung näher.

3. Beziehungspflege

Persönliche Kontakte zu Journalisten sind wichtig. Aber auch die besondere Pflege von Prominenten sowie anderen Meinungsbildnern und Multiplikatoren können dazu beitragen, Vertrauen, Sympathie und Akzeptanz zu erhöhen, vielleicht auch, die Finanzierung mittels Sponsoren zu sichern oder die Besucherzahlen zu steigern. Die Möglichkeiten reichen von Einladungen zu Premieren und Empfängen, über persönliche Führungen oder Hintergrundgespräche.

4. Krisenkommunikation

Zur größten Herausforderung in der PR gehört sicherlich professionelles Krisenmanagement. Krisen, die Abläufe stören oder im schlimmsten Fall die Existenz einer Kulturinstitution bedrohen können, zeigen die Stärken oder Schwächen von PR-Abteilungen deutlich. Dabei gilt: Die Kommunikation muss stetig, widerspruchslos, offen und rechtzeitig geschehen. Wer erst mitten in der Krise kommuniziert, handelt zu spät.

Wer die Klaviatur der Public Relations beherrscht, kann vielseitig und kreativ tätig sein. Wie bei der Oper gehören aber zum großen Erfolg, zu einem unvergesslichen Moment, auch unkalkulierbare Faktoren. So kann eine Leitfigur eine Imagewirkung entfalten, die von der PR-Abteilung vielleicht überhaupt nicht geplant wurde. Man denke nur an Pina Bausch oder John Neumeier, deren Namen für große Tanzensembles stehen. Auch das Zielpublikum ist eine unsichere Größe: Eine Operninszenierung kann genial sein, wenn sie nur von Insidern gelobt wird, aber ihr Publikum unvorhergesehen völlig kalt lässt, hat sie ihre Wirkung verfehlt. Auch PR-Coups entstehen selten am Reißbrett, sondern aus dem unkalkulierbaren Zusammenspiel verschiedener Faktoren, Emotionen, die spontan freigesetzt werden und manchmal auch dem Zufall, im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein.

  • Motiv Geiger und Geigerin