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Porträt - Georg Fahrenschon
Interview

Kulturförderung aus Sicht der Wirtschaft - Interview mit Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen und Giroverbands

1. Lieber Herr Fahrenschon, als Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) repräsentieren Sie das breite gesellschaftliche Engagement der Sparkassen- Finanzgruppe. Deren ver schie dene Unternehmen und Stiftungen sind mit der außergewöhnlich hohen Summe von mehr als 150 Millionen Euro im Jahr der größte nicht-staatliche Kultur förderer in Deutschland. Welche Philosophie steht hinter diesem Engagement und was sind die Beweggründe für diese Investitionen?

Sparkassen sind öffentlich-rechtliche Unternehmen. Zudem agieren sie regional und sind dadurch den Regionen, in denen sie wirtschaftlich tätig sind, in besonderer Weise verbunden. Sie verstehen es daher als ihre Pflicht, sich über ihr eigentliches Kerngeschäft hinaus zu engagieren und die Lebensqualität in ihren Geschäftsgebieten zu verbessern. Zudem wird durch die Förderung von Kultur auch die Zukunftsfähigkeit einer Region gefördert. Denn ein vielfältiges Kulturangebot wertet diese als „weicher Standortfaktor“ auf. Die Sparkassen geben so erzielte Gewinne zum Wohle der Gesellschaft zurück.

2. Die Sparkassen-Finanzgruppe hat in den letzten Jahrzehnten unzählige Kulturanbieter und -projekte gefördert und damit auch die Kulturlandschaft wesent lich mitgeprägt. Nach welchen Kriterien wählen Sie die Kulturprojekte aus, in die Sie investieren?

Die Förderung von Kunst und Kultur erfolgt bei den Sparkassen auf vielfältige Weise. Ob durch Spenden, Sponsoring oder Stiftungszuwendungen. Wichtig ist für uns, dass die Projekte die Bedürfnisse der Menschen erfüllen. Als regional verwurzelte Unternehmen kennen die Sparkassen die Städte und Gemeinden und die Menschen, die dort leben. Das ist einer der Erfolgsfaktoren des gesellschaftlichen Engagements der Sparkassen. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband engagiert sich mit seinem Sparkassen-Kulturfonds für kulturelle Projekte, die eine bundesweite oder internationale Ausstrahlung aufweisen. Als Dachverband der Sparkassen- Finanzgruppe kann er so auf das vielfältige Engagement der Sparkassen überall in Deutschland aufmerksam machen.

3. Die Sparkassen-Finanzgruppe wurde im letzten Jahr für ihr Engagement innerhalb des Projektes „Jugend musiziert“ als Kulturinvestor des Jahres ausgezeichnet. Gewürdigt wurde dabei insbesondere die Langfristigkeit der Förderung, die vor über 50 Jahren begann. Welche aktuellen Kulturprojekte fördert der Sparkassen- Kulturfonds des DSGV neben diesem langfristigen Engagement?

Nachhaltigkeit ist ein wesentliches Charakteristikum der Kulturförderung des Sparkassen- Kulturfonds. Wir wollen ein verlässlicher Partner der Kultur sein. So engagieren wir uns zum Beispiel in langfristig angelegten Kooperationen mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und den Staatlichen Museen zu Berlin. Daneben unterstützen wir herausragende Ausstellungen in ganz Deutschland, wie z.B. kürzlich die große Dürer-Ausstellung im Städel Museum. Ein besonderer Schwerpunkt des Sparkassen-Kulturfonds liegt außerdem in der künstlerischen Fotografie. Dieses Medium ist eine wichtige Form der Verständigung und durch seine Vielschichtigkeit eine ganz besondere Kunstform. So unterstützen wir in diesem Jahr zum Beispiel die Ausstellung „Martin Parr. We love Britain!“ im Sprengel Museum in Hannover oder die Ausstellung „Walker Evans. Ein Lebenswerk“ im Martin- Gropius-Bau in Berlin. In der Regel, so wie auch bei den genannten Projekten, engagieren wir uns im Verbund mit weiteren Partnern aus der Sparkassen-Finanzgruppe.

4. Müssen Kulturanbieter oder Kulturprojekte entsprechende Voraussetzungen mitbringen, um von der Wirtschaft unterstützt zu werden? Welchen Nutzen können Kulturanbieter den Unternehmen innerhalb von Partnerschaften stiften?

Zunächst einmal müssen die Kulturprojekte in das Förderprofil des jeweiligen Unternehmens passen. Die Sparkassen unterstützen zwar sehr unterschiedliche Belange, doch eine flächendeckende Förderung können sie nicht leisten. Das ist auch nicht ihre Aufgabe. Sparkassen definieren also Schwerpunkte für ihre Förderarbeit. Für den DSGV ist es außerdem von Interesse, Projekte zu unterstützen, die sich kommunikativ dafür eigenen, mit ihrer Strahlkraft auf die Förderarbeit der Sparkassen bundesweit aufmerksam zu machen. Das Engagement für die Staatlichen Museen zu Berlin verweist zum Beispiel auf die vielen Kooperationen, die Sparkassen mit regionalen Museen haben.

5. Welche kulturpolitischen Rahmenbedingungen sollten in Deutschland geschaffen werden, damit die privatwirtschaftliche Kulturförderung gestärkt wird?

Ich denke, dass Deutschland grundsätzlich eine gute Umgebung für Unternehmen bietet, sich für gesellschaftliche Belange zu engagieren. Dies ist in Anbetracht klammer öffentlicher Haushalte auch dringend notwendig. Mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes im vergangenen Jahr ist die Position gemeinnütziger Einrichtung gestärkt worden. Das hilft auch uns, die wir diese Einrichtungen unterstützen.

Im Bereich Sponsoring erleben wir aber nach wie vor eine große Untersicherheit bei Kulturanbietern, was die Steuerpflicht von Sponsoringleistungen betrifft. Wenn letztlich ein Großteil eines Förderbetrags als Steuern beim Staat landet und nicht in der Kultur, dann verfehlt das den Zweck des Engagements. Ebenfalls Unsicherheiten gibt es bei der Versteuerung geldwerter Vorteile. Eine Kontrolle der Vergabe geldwerter Vorteile ist überaus wichtig, um Missbrauch vorzubeugen. Doch ich befürchte, dass zusätzliche hohe Kosten, die durch die Versteuerungspflicht entstehen, von Sponsoring abschrecken.

Das Geld, das Unternehmen für Kulturförderung einplanen, sollte auch tatsächlich der Kultur zu Gute kommen. Denn das ist ja die Motivation der Unternehmen für diese Ausgaben.

6. Ähnlich wie im Finanzmarkt gibt es auch in der Kulturlandschaft Angebote der Kulturanbieter und eine Nachfrage der potenziellen Besucher. Darüber hin - aus haben die Kulturanbieter in den letzten Jahren ihre Vermarktungsmöglichkeiten gegenüber der Wirtschaft stark professionalisiert. Können wir hier schon von einem Kulturmarkt sprechen?

Sicherlich erstellen Kulturschaffende, ebenso wie Akteure in der freien Marktwirtschaft, Angebote, die von den Menschen häufiger oder weniger häufig angenommen werden. In meinem Verständnis ist es aber nicht die Aufgabe von Kulturschaffenden, einen Markt zu befriedigen. Kunst und Kultur müssen frei von Zwängen sein, um ihrer gesellschaftlichen Aufgabe nachkommen zu können.

Deshalb fördern wir auch nicht immer nur fertige Ausstellungen, sondern auch den künstlerischen Prozess als solchen. So haben wir die Arbeit des Fotografen Michael Schmidt unterstützt, als er auf den Spuren der Lebensmittelproduktion durch Europa reiste. Daraus ist eine faszinierende Ausstellung entstanden. Das Ergebnis haben wir jedoch erst gesehen, als das Geld bereits geflossen war. Dieses Vertrauen in Künstler ist richtig und wichtig.

Dass Kulturanbieter potentiellen Sponsoren aufzeigen, welchen Nutzen diese aus Partnerschaften ziehen, ist ebenso richtig. Als Unternehmen, die sich am freien Markt behaupten müssen, müssen auch Sparkassen ihre Ausgaben rechtfertigen. Aber dennoch ist eine kommunikative Verwertbarkeit nicht das einzige Kriterium. Der Beitrag für die Gesellschaft sollte im Vordergrund stehen und das ist bei den Sparkassen der Fall.

Vielen Dank für das Interview, lieber Herr Fahrenschon.

www.dsgv.de